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Auch wenn dieses Jahr nicht so viele Besucher den Weg nach Granada gefunden hatten wie letztes Jahr nach Paris (lag es an den verschlungenen Pfaden, die nach Granada führen oder war es Folge des Streiks bei IBERIA?), waren doch mehr als 900 Konferenzbesucher beim Eröffnungspanel.
In den letzten beiden Jahren waren auf der SGML/XML Europe das Management von Documents und Microdocuments wichtige Themen. Dieses Jahr zeichnete sich Knowledge Management als DAS Thema ab.
Die wachsende Bedeutung von Knowledge Management-Ansätzen zeigte sich unter anderem an der gestiegenen Anzahl von Veranstaltungen zu diesem Thema. Nach dem Tutorial auf der XML Europe 98 zum neuen Topic Maps Standard (damals noch im Entwurfsstadium) gab es dieses Jahr neben dem Tutorial drei Vorträge zu Topic Maps von Michel Biezunski ("Topic Maps at a glance"), Steve Pepper ("Euler, Topic Maps and Revolution") und "Trying not to get lost with a topic map" von Rafal Ksiezyk.
Bevor die Vorträge vorgestellt werden, eine ganz kurze Zusammenfassung der wichtigsten Eigenschaften von Topic Maps:
Topic Maps (früher: Topic Navigation Maps (TNM), seit März 1999 Standard ISO/IEC 13250) bieten ein standardisiertes Modell für die Wissensmodellierung in netzwerkartigen Strukturen. Das Modell stützt sich auf Konstrukte von HyTime. Formal gesehen ist eine Topic Map ein SGML- oder XML-Dokument. Ein ursprünglicher Zweck der Topic Maps war das Mischen von Indices. Wesentliche Bestandteile der Topic Maps sind die sog. Topics, die einen beliebigen Inhalt repräsentieren. Ein Topic besitzt keinen, einen oder mehrere gleichwertige Titel, welche mindestens einen Haupttitel enthalten. Zusätzlich zum Haupttitel gibt es optionale Sortiertitel und Titel für die Darstellung (display name). |
Topics können in unterschiedliche inhaltliche Zusammenhänge gestellt werden. Hierzu dienen Features wie Typ (Types), Vorkommen von Topics (Occurrences) und Beziehungen zwischen Topics (Associations). Diese Eigenschaften werden einem Topic in Form von Attributen zugewiesen, die wiederum selbst Topics darstellen. Weitere Konzepte sind Scope (Gültigkeitsbereich), Public Subject und Facets (Facetten). Auf diese Weise können Metastrukturen modelliert werden.
Steve Pepper veranschaulichte in seinem Vortrag "Euler, Topic Maps, and Revolution" das Kernkonzept der Topic Maps am Beispiel einer Topic Map zu den Themen Granada, Euler (Graphentheorie, auf der Topic Maps beruhen) und Revolution (welche die Topic Maps vielleicht einmal auslösen können).
Im Vortrag "Trying not to get lost with a topic map" von Rafal Ksiezyk, wurde einerseits verdeutlicht, wie mächtig das Modell der Topic Maps ist, daß andererseits jedoch für den Knowledge Manager das Problem der Konsistenzkontrolle auftreten kann: "At the level of topics every understands everything. The problem is that everybody's understanding is different. So it's hard to control the consistency of the work being done." Für den Nutzer kann entsprechend die Gefahr des "Lost in Topic Space" bestehen.
Immer wieder wurde die Frage nach existierenden Anwendungen laut. Sonja Lopez-Fuentetaja, Grupo Anaya, stellte in ihrem Vortrag "Metadata deployment for publishing environments" ein Web-basiertes Knowledge Management-System für Film-Metadaten vor. Die Anwendung basiert auf RDF (Resource Description Framework). Interessant war, eine existierende Anwendung eines Knowledge Management-Systems zu sehen.
In vielen Vorträgen zeigte sich bereits das Potential von XML als Standardformat für das Knowledge Management der Zukunft. Strategischer Vorteil von XML ist hierbei, daß es eine durchgängige und abgesicherte Plattform für alle Stufen des Knowledge Management darstellt.
Etwas enttäuschend war das Plenary "Unvalidated XML: is there a place for it?", denn statt der erwarteten kontroversen Diskussion waren sich am Ende eigentlich die Diskutanten François Chahuneau, AIS, Eve Maler, Arbortext, Peter Murray-Rust, Virtual School of Molecular Sciences, University of Nottingham und David Turner, Microsoft nahezu einig: It depends.
Mehrere Veranstaltungen widmeten sich den gerade entstehenden unterschiedlichen Web-Grafik-Formaten. WebCGM, die Web-Version von CGM (Computer Graphics Metafile), eignet sich für anspruchsvolle technische Zeichnungen im Netz.
Auch das sich noch im Entwurfsstadium befindende SVG (Scalable Vector Graphics) scheint sich als zukunftsträchtiges Grafikformat für das Web herauszukristallisieren. SVG soll auf VML (Virtual Markup Language) beruhen. Leider gab es zum Zeitpunkt der Konferenz noch keine SVG-fähige Software.
Die Abschlußrede von Lou Burnard rief nochmals in Erinnerung, welche Revolution XML bedeuten kann. Er rief auch noch einmal die Worte Jon Bosaks auf der XML Europe 98 in Paris ins Gedächtnis, als er auf die gesellschaftlichen Implikationen einer richtig verstandenen Nutzung von Standards hinwies.
"Some say: `Why?´. Others say: `Why not?´" Heute können wir uns noch fragen: "Why not SGML/XML?" Ich denke, diese Frage wird sich in Zukunft erübrigen, wenn wir den Standard richtig anwenden.
Auffallend waren dieses Jahr die vielen XML "Evangelisten". Wir nüchternen Europäer hatten manchmal einige Schwierigkeiten, dem religiösen Eifer einiger amerikanischer Kollegen in punkto XML zu folgen. Sollte ich vielleicht auch mir eine neue Bezeichnung für meine(n) Beruf(ung) zulegen? Wie wäre es mit: SGML/XML (nicht Linda) Evangelista at UB MEDIA? ;-)
Bis nächstes Jahr - wieder in Paris!
Dieses Dokument:
Ursula Raithelhuber, 07. Jun. 1999.
Document URL:
http://th-o.de/sgml/xml99.htm.
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